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APRIL-LV NEWS

News 04/2021 (Stand 30.04.2021)

 

 

Aktuelle Praxisfragen zum Homeoffice-Pauschale


Beim Thema Homeoffice-Pauschale zeigt sich wieder einmal, dass der „Teufel oft im Detail steckt“. In den vergangenen Wochen wurden zahlreiche Auslegungsfragen zur abgabenrechtlichen Beurteilung von Homeoffice-Pauschalen diskutiert. Das Bundesministerium für Finanzen (BMF) lieferte die eine oder andere überraschende Antwort. Wir haben für Sie die am häufigsten gestellten Fragen mit den dazugehörigen Antworten gesammelt.

 

100 Homeoffice-Tage als absolute Maximalgrenze?

Gilt eine strikte Beschränkung der Abgabenfreiheit für maximal 100 Homeoffice-Tage pro Jahr auch dann, wenn der Arbeitgeber weniger als € 3,00 täglich zahlt (z.B. 150 Homeoffice-Tage zu je € 2,00)?

 

Antwort: Wird pro Arbeitstag seitens des Arbeitgebers ein geringerer Betrag als € 3,00 pro Arbeitstag gezahlt, aber übersteigt die Anzahl der Homeoffice-Tage 100 Tage, so bestehen keine Bedenken gegen eine abgabenfreie Behandlung, solange € 3,00 pro Homeoffice-Tag bzw. maximal € 300,00 jährlich nicht überschritten sind. Im Falle von z.B. 150 Homeoffice-Tagen zu je € 2,00 kann daher der abgabenfreie Maximalbetrag von € 300,00 jährlich angewendet werden.

 

Es bleibt kritisch anzumerken, dass diese sehr „elastische“ Auslegung des BMF eine völlige Abweichung von der bisherigen (in zahlreichen Fachmedien publizierten) Rechtsansicht darstellt. Auch mit dem Gesetzestext (§ 26 Z. 9 EStG: „für höchstens 100 Tage im Kalenderjahr“) passt sie nicht wirklich gut zusammen. Aus praktischer Sicht ist die kulante Auslegung aber natürlich erfreulich.

 

Taggenaue Maximalgrenze von € 3,00 pro Homeoffice-Tag?

In manchen Betrieben werden Homeoffice-Pauschalen auf Stundenbasis (z.B. € 0,40 pro Homeoffice-Stunde) bezahlt. Hier stellt sich die Frage: Ist der abgabenfreie Betrag von bis zu € 3,00 pro Homeoffice-Tag „tagesgenau“ zu beurteilen? Oder kann ein „Überhang“ an einzelnen Tagen (z.B. € 4,00 für einen zehnstündigen Homeoffice-Tag) durch geringere Tagesbeträge (z.B. € 2,00 für einen fünfstündigen Homeoffice-Tag) abgabenrechtlich „saldiert“ werden?

 

Antwort: Die Abgabenfreiheit von Homeoffice-Pauschalen ist im Kalenderjahr betraglich durch folgende Formel begrenzt:

 

€ 3,00 x Anzahl der ausschließlichen Homeoffice-Tage (aber maximal € 300,00 jährlich)

 

Aufgrund welcher arbeitsrechtlichen Bemessung sich ein bezahltes Homeoffice-Pauschale konkret ergibt, ist für die abgabenrechtliche Ermittlung des maximalen Homeoffice-Pauschale nicht relevant.

 

 

 

Fazit: Es ist daher keine „tagesgenaue“ Betrachtung im Sinne der obigen Fragestellung erforderlich. Wenn ein Homeoffice-Pauschale für einzelne Tage mehr als € 3,00 beträgt oder ein Homeoffice-Pauschale für nicht ausschließliche Homeoffice-Tage gewährt wird (z.B. für fünf Stunden Homeoffice, obwohl am selben Tag drei Stunden Außendienst geleistet wird), kann im Rahmen der obigen Formel die Abgabenfreiheit angewendet werden, sofern der Höchstbetrag (€ 3,00 multipliziert mit der Anzahl der ausschließlichen Homeoffice-Tage, insgesamt max. € 300,00) nicht bereits anderweitig ausgeschöpft wurde.

 

Abgabenfreies Homeoffice-Pauschale trotz fehlenden Aufwands?

Ist ein abgabenfreies Homeoffice-Pauschale auch dann möglich, wenn vom Arbeitgeber die gesamte digitale Ausrüstung zur Verfügung gestellt wird (Laptop, Zusatzbildschirm, Maus, Software, Internet etc.), also der Arbeitnehmer keinerlei diesbezüglichen Aufwand hat?

 

Antwort: Ja, ein abgabenfreies Homeoffice-Pauschale ist auch dann möglich, wenn dem Arbeitnehmer ohnehin die gesamte digitale Ausrüstung zur Verfügung gestellt wird. § 26 Z. 9 EStG sieht nämlich keine diesbezügliche Einschränkung der Abgabenfreiheit vor.

 

Monatskonforme Auszahlung?

Muss ein abgabenfreies Homeoffice-Pauschale immer monatsgetreu ausbezahlt werden oder kann eine Abrechnung z.B. im Dezember für das gesamte Jahr erfolgen? Falls eine Abrechnung und Auszahlung im Dezember zulässig ist, muss dann zwingend eine Rollung erfolgen?

 

Antwort: Eine „kumulierte“ Abrechnung im Dezember ist möglich. Eine Aufrollung ist in diesem Fall zulässig, aber nicht verpflichtend.

 

Monatskonforme Abgabepflicht?

Muss bei Überschreitung von € 300,00 jährlich die Abgabepflicht stets sofort berücksichtigt werden oder kann die Abgabepflicht auch am Jahresende mittels Aufrollung erfolgen?

 

Antwort: Es bestehen keine Bedenken, wenn im Voraus ein monatliches Homeoffice-Pauschale abgabenfrei ausbezahlt wird und im Rahmen der Aufrollung am Jahresende anhand der tatsächlich geleisteten Homeoffice-Tage eine nachträgliche Abgabepflicht per Aufrollung für den Fall erfolgt, dass mehr als € 3,00 pro Homeoffice-Tag oder mehr als € 300,00 im Jahr abgabenfrei ausbezahlt wurde.

 

Zählen nur Normalarbeitszeit-Tage als „Homeoffice-Tage“?

Sind als Homeoffice-Tage ausschließlich Tage zu werten, welche innerhalb der Normalarbeitszeit liegen oder z.B. auch Samstage, an denen außertourlich gearbeitet wird?

 

Antwort: Es gibt diesbezüglich weder eine arbeitsrechtliche noch eine abgabenrechtliche Beschränkung. Wenn es arbeitsrechtlich vereinbart oder vom Arbeitgeber genehmigt bzw. geduldet ist, dass ein Arbeitnehmer z.B. außertourlich auch an einem Samstag arbeitet, dann zählt dieser ebenfalls als Homeoffice-Tag.

 

Gilt für Homeoffice-Tage eine bestimmte Mindestarbeitszeit?

Gibt es für Homeoffice-Tage eine bestimmte Mindestarbeitszeit, damit diese abgabenrechtlich auch als Homeoffice-Tage anerkannt werden?

 

Antwort: Am jeweiligen Tag muss tatsächlich Homeoffice-Arbeit vorliegen, eine vorgeschriebene Mindestarbeitszeit gibt es aber nicht. Daher sind z.B. stundenweise Dienstverhinderungen oder stundenweiser Zeitausgleich für die Bewertung als Homeoffice-Tag unschädlich. Tage mit ganztägigem Krankenstand, ganztägigem Urlaub etc. gelten hingegen nicht als Homeoffice-Tage.

 

Im abgabenrechtlichen Sinn zählen auch jene Tage nicht als Homeoffice-Tage, an denen neben dem Homeoffice auch Außendienst, Dienstreisen Arbeitsleistungen im Büro erfolgen.

 

 

Angabe der Homeoffice-Tage am Lohnzettel (L16)

Wenn ein Arbeitnehmer mehr als 100 Homeoffice-Tage im Jahr aufweist (z.B. 120 Tage), sind dann am L16 100 Homeoffice-Tage oder die tatsächlichen Homeoffice-Tagen anzugeben?

 

Antwort: Am Lohnzettel ist die Anzahl der tatsächlichen Homeoffice-Tage anzugeben.

 

 

Der neue Jahreslohnzettel (L16) für 2021


Das Bundesministerium für Finanzen (BMF) hat kürzlich die aktualisierte Version des Jahreslohnzettels L16 für das Kalenderjahr 2021 veröffentlicht. Die Aktualisierung ist insbesondere durch das Homeoffice-Gesetzespaket notwendig geworden.

 

In der aktualisierten Formularversion sind folgende neue Felder enthalten:

 

·         Homeoffice-Tage (Formular-Seite 1, oberhalb der Kennzahl 210),

·         Homeoffice-Pauschale“ (§ 26 Z 9 lit. a) (Formular-Seite 2, linke Spalte, sechstes Feld von oben),

·         Kostenübernahme gemäß § 26 Z 5 lit. b (Formular-Seite 2, rechte Spalte, zweite Zeile): Hier geht es um den ab 1. Juli 2021 abgabenfreien Geldersatz eines vom Arbeitnehmer selbst angeschafften Jobtickets.

 

Folgendes Feld wird umbenannt bzw. erweitert:

 

·         Übernommene Kosten für Massenverkehrsmittel und Werkverkehr, Anzahl der Kalendermonate (Formular-Seite 2, rechte Spalte, erste Zeile). Dieses Feld entspricht im Wesentlichen dem bisherigen Feld „Werkverkehr, Anzahl Kalendermonate (§ 26 Z 5)“, allerdings sind in die Anzahl der Kalendermonate ab 1. Juli 2021 auch jene Monate einzurechnen, in denen ein abgabenfreier Geldersatz für eine vom Arbeitnehmer selbst angeschaffte Wochen-, Monats- oder Jahreskarte gewährt wurde (siehe dazu auch den folgenden Newsbeitrag).

 

 

 

Abgabenfreie Kostenübernahme für „Öffi-Tickets“ ab 1. Juli 2021


Das Bundesministerium für Finanzen (BMF) hat eine kompakte Frage-Antwort-Sammlung zum künftigen abgabenfreien „Öffi-Ticket“ erstellt. Die zugrunde liegende Regelung wird mit 1. Juli 2021 in Kraft treten. Erfreulich ist die Ausweitung der bisherigen Jobticket-Regelung vor allem in zweierlei Hinsicht:

 

 

·         Kostenersätze des Arbeitgebers für von Arbeitnehmer/innen selbst gekaufte Wochen-, Monats- oder Jahreskarten sind künftig abgabenfrei (es ist nicht mehr erforderlich, dass die Anschaffung durch den Arbeitgeber erfolgt und die Rechnung auf den Arbeitgeber ausgestellt ist).

·         Außerdem entfällt die Voraussetzung, dass es sich um eine Streckenkarte für die Strecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte handeln muss (bzw. dass eine Netzkarte nur akzeptiert wird, wenn es keine Streckenkarte gibt, wie z.B. in Wien). Erforderlich ist künftig nur, dass die Karte zumindest am Wohnort ODER am Arbeitsort des Arbeitnehmers gültig ist. Es darf sich auch um eine Karte z.B. für ein ganzes Bundesland oder ganz Österreich handeln.

 

Linktipp: Frage-Antwort-Sammlung des BMF:

https://www.bmf.gv.at/public/top-themen/oeffi-ticket.html

 

 

 

 

Dienstfahrrad als attraktives „Mitarbeiter-Zuckerl“?

 

Dienstfahrräder („Jobräder“) erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Bereits einige Unternehmen stellen ihren Mitarbeitern betrieblich angeschaffte Fahrräder oder E-Fahrräder für das gesunde und umweltschonende Zurücklegen dienstlicher und privater Wege zur Verfügung. Ein solches „Jobrad-Modell“ bietet durchaus interessante Vorteile:

 

·         Für die private Nutzung eines betrieblichen Fahrrades oder Elektrofahrrades (einschließlich Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte) gilt ein Sachbezugswert von Null (§ 4b Sachbezugswerteverordnung). Das bedeutet: Die Nutzungsmöglichkeit eines solchen „Jobrades“ ist von allen Lohnabgaben befreit.

·         Das „Jobrad“ lässt steuerliche Ansprüche von Arbeitnehmern auf Pendlerpauschale unberührt (§ 16 Abs. 1 Z. 6 lit. b EStG).

·         Aus Unternehmersicht ist außerdem erfreulich, dass betrieblich angeschaffte „Jobräder“ vorsteuerabzugsberechtigt sind. Werden „Jobräder“ den Arbeitnehmern kostenlos zur Verfügung gestellt (also ohne Nutzungsgebühr), so ist für den Vorsteuerabzug eine mindestens 10 %ige betriebliche Nutzung nachzuweisen (vgl. § 12 Abs. 2 UStG). Wird den Arbeitnehmern eine Nutzungsgebühr (monatlicher Kostenbeitrag zzgl. Umsatzsteuer) verrechnet (z.B. in Höhe von 1 % des Bruttokaufpreises), ist der Nachweis einer mindestens 10 %igen betrieblichen Nutzung nicht erforderlich.

 

Beachte: Unternehmen können für die Anschaffung von E-Rädern Förderungen in Anspruch nehmen. Voraussetzung für die Förderung ist unter anderem, dass die E-Räder jeweils mindestens vier Jahre im Eigentum des Betriebes bleiben. Nähere Informationen zur Förderung von Jobrädern finden Sie unter:

https://www.umweltfoerderung.at/betriebe/elektro-fahrraeder-und-transportraeder.html

 

 

 

 

 

Impfpflicht Ja/Nein? Was tun mit „Impfverweigerern“?

 

Die Frage nach einer Impfpflicht von Mitarbeitern und allfälligen arbeitsrechtlichen Folgen für „Impfverweigerer“ sorgt in vielen Betrieben für Diskussionen. Abgesehen davon, dass die medizinische Wirkung von Corona-Impfungen (z.B. Ausmaß des Übertragungsschutzes) und das Risiko möglicher Nebenwirkungen teils sehr kontroversiell gesehen wird, bestehen auch auf rechtlicher Ebene einige Unsicherheiten. Wir fassen den aktuellen Informationsstand aus juristischer Sicht – vor allem beruhend auf der einschlägigen Fachliteratur – in einer kurzen Frage-Antwort-Sammlung zusammen.

 

Gibt es eine gesetzliche Corona-Impfpflicht?

Nein, eine gesetzliche Impfpflicht ist in Österreich nicht vorgesehen. Auch für das Gesundheits- und Pflegepersonal gibt es derzeit (noch) keine generelle Impfpflicht. Das Epidemiegesetz sieht zwar vor, dass u.a. für Personen, die berufsmäßig in der Krankenbehandlung, Krankenpflege oder als Hebammen tätig sind, Schutzimpfungen angeordnet werden können (§ 17 Abs. 3 Epidemiegesetz), bis dato wurden solche Verordnungen aber nicht erlassen. Das Gesundheitsministerium spricht im Zusammenhang mit Impfungen daher bloß von „moralischen Pflichten“. Auch wenn keine Impfpflicht im rechtlichen Sinn besteht, kann die Verweigerung einer Impfung aber arbeitsrechtliche Folgen haben (siehe weiter unten).

 

Kann der Arbeitgeber die Mitarbeiter per Weisung verpflichten, sich einer Corona-Impfung zu unterziehen?

Nein. Impfungen sind als medizinische Eingriffe in die körperliche Integrität der Arbeitnehmer zu werten. Mangels gesetzlicher Impfpflicht kann der Arbeitgeber verbindliche Impfanordnungen nicht einseitig aussprechen. Falls ein Arbeitgeber ungeachtet dessen eine einseitige Impfanweisung erteilt, müssen die Arbeitnehmer diese nicht befolgen.

 

Können sich Arbeitnehmer im Rahmen des Dienstvertrages rechtsgültig dazu verpflichten, eine Corona-Schutzimpfung vornehmen zu lassen?

In der einschlägigen Fachliteratur wird es – vor allem aus Gesundheitsschutzgründen – als zulässig angesehen, dass Arbeitnehmer im Dienstvertrag ihr Einverständnis dazu erteilen, Schutzimpfungen vornehmen zu lassen. Prinzipiell wäre dies unabhängig von Branche und Tätigkeitsbereich denkbar (z.B. auch bei Büromitarbeitern zum Schutz von Arbeitskollegen), praktisch ist dies aber in jenen Branchen von besonderer Bedeutung, in denen intensive Kundenkontakte mit erhöhtem Gefährdungspotential bestehen (z.B. im Pflegebereich). So gibt es immer mehr Unternehmen, vorwiegend im Gesundheits- und Sozialbereich, die eine Impfpflicht in den Dienstverträgen verankern (z.B. Krankenhäuser, Kindergärten, Behindertenbetreuungseinrichtungen etc.).

 

Ist es zulässig, Arbeitnehmern, die nicht bereit sind, sich gegen Corona impfen zu lassen, Tätigkeiten ohne Kunden-, Patienten- bzw. Kollegenkontakte zuzuweisen?

Eine Versetzung auf einen anderen Tätigkeitsbereich ist zulässig, wenn dies dienstvertraglich gedeckt ist und – in Betrieben mit Betriebsrat – die betriebsverfassungsrechtliche Mitbestimmung des Betriebsrates beachtet wird (gemäß § 101 ArbVG ist für dauernde verschlechternde Versetzungen die Einholung der Betriebsratszustimmung erforderlich).

 

Dürfen „Impfverweigerer“ gekündigt werden?

Das österreichische Arbeitsrecht beruht auf dem Grundsatz der Kündigungsfreiheit. Das bedeutet, dass auch arbeitgeberseitige Kündigungen im Normalfall ohne Angabe von Gründen zulässig sind. Lediglich besondere Gründe führen zur Anfechtbarkeit von Kündigungen, wie insbesondere Diskriminierungen (Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgesetz) oder die Motivwidrigkeit einer Kündigung (§ 105 Abs. 3 Z. 1 ArbVG).

Laut der einschlägigen Fachliteratur ist zur Frage der Motivwidrigkeit von Kündigungen, die im Zusammenhang mit der Ablehnung von Corona-Impfungen stehen, zu unterscheiden:

 

·         Erfolgt eine Arbeitgeber-Kündigung, weil sich der Arbeitnehmer weigert, eine einseitige Impfanordnung des Arbeitgebers zu befolgen, kommt eine Kündigungsanfechtung wegen Motivwidrigkeit gemäß § 105 Abs. 3 Z. 1 lit. i ArbVG in Betracht. Die Erfolgsaussichten der Anfechtung hängen von vielen Einzelfalldetails ab, insbesondere von der konkreten Tätigkeit, der Intensität der Kontakte mit anderen Personen, der drohenden Gefährdung von Kunden bzw. Patienten durch mögliche Ansteckungen (z.B. Pflege von Risikopatienten), der Verfügbarkeit eines alternativen Arbeitsplatzes und der Möglichkeit von zumutbaren anderen Schutzmaßnahmen anstelle einer Impfung.

·         Erfolgt eine Arbeitgeber-Kündigung, weil der Arbeitnehmer ein Angebot des Arbeitgebers auf Änderung des Dienstvertrags (hinsichtlich vertraglicher Verankerung einer Impfpflicht für die Zukunft) ablehnt, handelt es sich um eine zulässige Änderungskündigung, die grundsätzlich nicht wegen Motivwidrigkeit angefochten werden kann.

 

Diese Abgrenzung stellt eine „juristische Spitzfindigkeit“ dar und ist in der Praxis oftmals schwierig. Im Einzelfall können Nuancen im Sachverhalt entscheidend sein.

 

Praktische Empfehlung: Einem Arbeitgeber, der von vornherein die Kündigung von „Impfverweigerern“ in Erwägung zieht, ist zu empfehlen, sich nicht mit einer einseitigen Impfanordnung zu begnügen, sondern das Einvernehmen mit den Arbeitnehmern zu suchen. Der Arbeitgeber sollte den Arbeitnehmern daher nachweislich ein Angebot auf Dienstvertragsänderung (Schaffung einer dienstvertraglichen Impfpflicht) unterbreiten. Wenn ein Arbeitnehmer das Angebot ablehnt, verliert er i.d.R. die Möglichkeit, die Änderungskündigung des Arbeitgebers wegen Motivwidrigkeit anzufechten.

 

 

 

 

Status Quo zur Angleichung der Kündigungsfristen bei Arbeitern

 

Laut dem aktuellen Gesetzesstand ist die Angleichung der Kündigungsfristen und -termine für Arbeiter an die Angestellten-Regelung bekanntlich ab 1. Juli 2021 vorgesehen (§ 1159 ABGB neue Fassung). Ausgenommen sind nur jene Branchen, in denen Saisonbetriebe überwiegen; in diesen Branchen können durch Kollektivvertrag abweichende Regelungen (also z.B. weiterhin kurze Kündigungsfristen) festgelegt werden.

 

Hinter den Kulissen laufen noch Verhandlungen, ob die Angleichung der Kündigungsregeln angesichts der fortdauernden Wirtschaftskrise eventuell nochmalig verschoben werden sollte. Der Ausgang dieser Verhandlungen ist aber völlig ungewiss. Daher müssen sich die Betriebe sicherheitshalber darauf einstellen, dass die neue Rechtslage (also die Angleichung der Kündigungsregeln für die Arbeiter) ab 1. Juli 2021 auch wirklich kommen wird.

 

Aus praktischer Sicht lassen sich VIER große Fallgruppen unterscheiden:

 

1) Saisonbranchen mit ausdrücklicher KV-Klarstellung:

Es gibt einige Branchen, in denen die Kollektivvertragspartner den überwiegenden Saisoncharakter dezidiert klargestellt und im Kollektivvertrag diesbezügliche Sonderregelungen getroffen haben:

·         Bauhilfsgewerbe,

·         Hafner, Platten- und Fliesenleger; Keramiker,

·         Maler und Tapezierer

·         Dachdecker-Glaser-Spengler,

·         Steinmetze,

·         Holzbau,

·         Gärtner und Floristen, Gärtner- und Landschaftsgärtner,

·         gewerbliche Forstunternehmen,

·         Seilbahnen,

·         Schifffahrtsunternehmen,

·         Autobusunternehmen,

·         Beförderungsgewerbe mit Personenkraftwagen,

·         Güterbeförderungsgewerbe. 

 

2) Saisonbranchen ohne ausdrückliche KV-Klarstellung:

In den Erläuterungen zur Gesetzesnovelle (also nicht direkt im Gesetzestext, sondern in den begleitenden erläuternden Bemerkungen) findet sich die Aussage, dass folgende Branchen als Saisonbetriebe gelten:

·         Baugewerbe und Bauindustrie

·         „Tourismusbetriebe“

 

Der Unterschied zur Fallgruppe 1 besteht für die Praxis darin, dass eine geringere Rechtssicherheit herrscht. Es gibt keine hundertprozentige Sicherheit, ob der Hinweis in den Gesetzeserläuterungen auch wirklich ausreicht, um die bisherigen Kündigungsregelungen ohne ausdrückliche KV-Klarstellung auch nach dem 1. Juli 2021 als weiterhin gültig betrachten zu können. Seitens der Wirtschaftskammer wird diese Frage i.d.R. bejaht, die Sichtweise der Gewerkschaft ist hier naturgemäß etwas „skeptischer“.

 

3) Branchen, in denen derzeit noch verhandelt wird:

In einigen Branchen laufen derzeit noch KV-Verhandlungen und kann es daher bis 1. Juli 2021 zu diesbezüglichen Anpassungen kommen. Laut dem aktuellen Informationsstand ist dies z.B. in der Arbeitskräfteüberlasser-Branche der Fall.

 

4) NICHT-Saisonbranchen:

In jenen Branchen, in denen eindeutig kein überwiegender Saisoncharakter vorliegt, gelten – sofern es zu keiner zeitlichen Verschiebung des In-Kraft-Tretens kommt – ab 1. Juli 2021 vollinhaltlich die neuen Kündigungsregelungen. Das bedeutet:

 

·         Auswirkung für Arbeitgeber-Kündigungen: Kollektivvertragliche Regelungen über kurze Arbeitgeber-Kündigungsfristen (mit oftmals sehr flexiblen oder überhaupt fehlenden Kündigungsterminen) werden in Nicht-Saisonbranchen automatisch vom Gesetz verdrängt. Dies gilt auch dann, wenn die KV-Partner es bis zum 1. Juli 2021 verabsäumen, den KV-Text an die neue Gesetzeslage anzupassen. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber zwingende Mindestkündigungsfristen (je nach Betriebszugehörigkeit zwischen sechs Wochen und fünf Monaten) und als Kündigungstermin das Quartalsende (wobei vertraglich auch der 15. und Letzte des Kalendermonats gültig vereinbart werden kann) einzuhalten hat.

 

·         Auswirkungen für Arbeitnehmer Kündigungen: Bei Arbeitnehmer-Kündigungen ist zu unterscheiden:

o   Kollektivvertragliche Arbeitnehmer-Kündigungsfristen, die im Gleichlauf („parallel“) zu den Arbeitgeber-Fristen geregelt sind: Diese werden vom neuen Gesetz abgelöst (aufgrund des untrennbaren Zusammenhangs der Gesamtregelung kann hier das Günstigkeitsprinzip nicht greifen). Das bedeutet, dass Arbeiter ab 1. Juli 2021 eine Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsletzten einhalten müssen.

 

Beispiel: In einem Kollektivvertrag heißt es: „Beide Seiten können unter Einhaltung einer Frist von zwei Wochen kündigen“. à Die KV-Regelung wird ab 1. Juli 2021 vom Gesetz (neue Fassung des § 1159 ABGB) komplett verdrängt.

 

o   Kollektivvertragliche Arbeitnehmer-Kündigungsfristen, die eigenständig bzw. abweichend von den Arbeitgeber-Fristen geregelt sind: Diese behalten auch nach dem 1. Juli 2021 ihre Gültigkeit, da sie aufgrund des Günstigkeitsprinzips dem Gesetz vorgehen.

 

Beispiel: In einem Kollektivvertrag heißt es: „Der Arbeitgeber kann unter Einhaltung einer Frist von zwei Wochen kündigen. Für den Arbeitnehmer gilt eine Frist von einer Woche“. à Da die KV-Regelung „trennungsfähig“ formuliert ist, gelten zwar für Arbeitgeber-Kündigungen ab 1. Juli 2021 die strengen neuen Regeln laut Gesetz (§ 1159 ABGB in der neuen Fassung), für Arbeitnehmer-Kündigungen bleibt (infolge der Günstigkeit) weiterhin die KV-Kündigungsregelung anwendbar.

 

 

Link-Tipp:

Sobald es zur Thematik der Kündigungsangleichung neue Informationen gibt, werden wir selbstverständlich sofort darüber berichten. BLOG

 

 

 

 

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